Mitten in Wisconsin, mitten im Leben

Mitten in Wisconsin, mitten im Leben

In einer Zeit, in der die Welt zunehmend von Spannungen und schnellen Urteilen geprägt ist, gewinnen echte Begegnungen an Bedeutung. Für zwölf Schülerinnen und Schüler der Anne-Frank-Schule in Eschwege und Wanfried aus den Jahrgangsstufen 9 und 10 wurde diese Erfahrung jetzt ganz konkret: Zwei Wochen lang waren sie zu Gast an der Edgerton High School im US-Bundesstaat Wisconsin, dem Partnerstaat Hessens. Der Austausch führt junge Menschen aus beiden Ländern bereits seit über dreißig Jahren regelmäßig zusammen – und zeigt gerade heute, wie wichtig Offenheit und gegenseitiges Verständnis für das interkulturelle Lernen sind.

Beim gemeinsamen Potluck Dinner im Haus von Erin und Theran Springstead, die den Austausch auf amerikanischer Seite seit vielen Jahren mit großem Engagement betreuen, kamen alle Beteiligten erstmals zusammen. Jede Familie hatte etwas zum gemeinsamen Buffet beigesteuert – typisch amerikanisch, herzlich und ungezwungen. Schon an diesem Abend wurde viel gelacht, erzählt und verglichen: Schulalltag, Lieblingsgerichte, Freizeitgewohnheiten – und das Eis war schnell gebrochen.

Edgerton, eine Kleinstadt mit rund 5.000 Einwohnern im Süden Wisconsins, bot den deutschen Jugendlichen einen authentischen Einblick in das amerikanische Alltagsleben. Gemeinsam mit ihren Austauschpartnern besuchten sie die Edgerton High School, nahmen am Unterricht teil, begleiteten Sportveranstaltungen und erlebten, wie eng dort Lernen, Gemeinschaft und Freizeit miteinander verbunden sind. Die Schule mit ihrem starken Sportprofil ist für viele Familien das Herz der Stadt: ein Ort, an dem sich Schülerinnen und Schüler, Eltern sowie Lehrkräfte auch über den Unterricht hinaus begegnen.
An der High School, ebenso wie an der Middle und Elementary School, zeigten die deutschen Gäste, wie sicher sie sich auf Englisch ausdrücken können. Sie hielten sorgfältig vorbereitete Vorträge über Deutschland, den Werra-Meißner-Kreis, Eschwege und Wanfried, erklärten jüngeren Kindern spielerisch deutsche Wörter und gaben Einblicke in ihren Alltag – souverän, sympathisch und mit spürbarer Begeisterung. „Am Anfang war das schon eine Herausforderung“, erzählt Lina, „aber wir haben gemerkt, dass wir das wirklich können und wie gut es sich anfühlt, verstanden zu werden.“
Neben dem Unterricht unternahmen die Schülerinnen und Schüler Ausflüge in die Hauptstadt Madison, wanderten am idyllischen Devil’s Lake und besuchten die Stadt Milwaukee, wo sie Museen und kulturelle Einrichtungen erkundeten. So bekamen sie ein Gespür dafür, wie eng in Wisconsin und der Nachbarregion Natur, Geschichte und Gemeinschaft miteinander verbunden sind.
Dass der Aufenthalt in die Halloweenzeit fiel, machte ihn noch einmal besonders. Gemeinsam mit ihren Gastfamilien besuchten die Jugendlichen einen Pumpkin Patch, schnitzten Kürbisse, schmückten Häuser und erlebten den amerikanischen Herbst in seiner ganzen Vielfalt, von Footballspielen bis hin zu fröhlich-gruseligen Abenden in der Nachbarschaft.
Zum Abschluss führte die Reise nach Chicago, in die „Windy City“ am Lake Michigan. Zwischen Hochhäusern, Lichtern und der glänzenden Skulptur The Bean im Millennium Park verbrachten die Schülerinnen und Schüler ihre letzten Tage in den USA – ein eindrucksvolles Finale nach zwei intensiven Wochen.
Begleitet wurde die Gruppe von den Englischlehrkräften Claudia Gorges und Christian Becker, die die Jugendlichen während des gesamten Aufenthalts unterstützten. Sie zeigten sich beeindruckt davon, wie sicher und selbstbewusst ihre Schüler aufgetreten sind. „Sie haben mutig kommuniziert, Verantwortung übernommen und sich in einer neuen Kultur sehr gut zurechtgefunden“, sagten sie. Der Austausch habe erneut gezeigt, dass Begegnungen über Ländergrenzen hinweg Verständnis schaffen und junge Menschen nachhaltig prägen.
Der Abschied in Edgerton fiel entsprechend schwer. Viele Freundschaften sind entstanden, und der Kontakt bleibt lebendig – über Nachrichten, kleine Überraschungen und die Vorfreude auf ein Wiedersehen. Im Frühjahr werden die Jugendlichen aus Edgerton nämlich zum Gegenbesuch nach Eschwege und Wanfried kommen. Dann sind die deutschen Schülerinnen und Schüler Gastgeber und können zeigen, wie sehr an der Anne-Frank-Schule Offenheit, Zusammenhalt und gegenseitige Wertschätzung gelebt werden.
Für die Anne-Frank-Schule, die als Europaschule internationale Begegnungen fest im Schulprofil verankert hat, bleibt dieser Austausch ein besonderes Projekt. Dass eine Schule im Werra-Meißner-Kreis ihren Jugendlichen solche Erfahrungen ermöglicht, ist nicht selbstverständlich und gerade jetzt ein starkes Zeichen dafür, dass Verständigung über Grenzen hinweg sich immer lohnt.
Spuren der Freundschaft

Spuren der Freundschaft

Freundschaft als Zeichen des Erinnerns: Wie bedeutsam Erinnerungen sein können, zeigte unsere Schülerin Mara Dierks aus der Jahrgangsstufe 10 bei der Gedenkveranstaltung zur Pogromnacht von 1938 in der ehemaligen Eschweger Synagoge, die heute die Neuapostolische Kirche beherbergt. Gemeinsam mit Anna-Maria Zimmer, profunder Kennerin der jüdischen Geschichte Eschweges, richtete sie den Blick auf den Aspekt der Freundschaft – passend zum Motto der diesjährigen Nacht der Kultur.

Beide erinnerten an Freundschaften und Liebesbeziehungen, die durch die nationalsozialistische Ideologie zerstört wurden, an Kinder, die ihre Freunde verloren, und an Lehrkräfte, die von Propaganda beeinflusst das Unrecht duldeten oder mittrugen. Mit dem Fortschreiten der Diktatur wurde die Ausgrenzung immer stärker, bis jüdische Kinder schließlich auch die Schulen verlassen mussten.

Und doch gab es Menschen, die halfen – heimlich, leise, oft mit großem Mut. Sie bewahrten Gegenstände und Erinnerungen jüdischer Familien, hielten Kontakt und zeigten stille Solidarität, auch über die Zeit des Nationalsozialismus hinaus.

Begrüßt wurden die Gäste von Matthias Beck für die Neuapostolische Kirche. Lutz Fussangel begleitete den Abend mit Klezmermusik.
Der Verein der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens in der Region Werra-Meißner ermöglichte mit Virtual-Reality-Brillen einen Blick in den früheren Innenraum der Synagoge – ein Moment, der zeigte, dass Erinnerungen Zukunft brauchen.

Erinnern für die Zukunft

Erinnern für die Zukunft

Die Wiederkehr der Pogromnacht, die sich in Eschwege bereits am 8. November 1938 ereignete, ist für die Anne-Frank-Schule Anlass, an die Opfer nationalsozialistischer Gewalt zu erinnern. Daher pflegten Schülerinnen und Schüler der Klasse 9d gemeinsam mit Rektorin Daniela Rosenbaum und Lehrerin Eva Gehring jetzt mehrere Stolpersteine in der Innenstadt. Mit dieser Aktion im Rahmen der übernommenen Patenschaft bekräftigt die Courage-Schule und Europaschule ihr dauerhaftes Engagement für eine lebendige Erinnerungskultur – im Bewusstsein, dass Geschichte Verantwortung bedeutet.

An den Standorten Klosterstraße 20, Brauhaus 2 und Hospitalplatz 6 gedachten die Jugendlichen Menschen, die während der Zeit des Nationalsozialismus entrechtet, verfolgt und ermordet wurden. Die meisten Opfer waren jüdische Bürger, die einst fest in der Eschweger Stadtgemeinschaft verwurzelt waren. Doch auch Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen, die in der Ideologie der Nationalsozialisten als „lebensunwert“ galten, gehören zu den Opfern, an die die Stolpersteine erinnern.

Gereinigt wurden unter anderem die Steine von Hermann Reiss, der 1941 im Rahmen der sogenannten „Aktion T4“ in Hadamar ermordet wurde, sowie der Familie Habler, die nach Riga deportiert wurde, und der Familie Kahn, die nach Theresienstadt verschleppt wurde – alle wurden Opfer der nationalsozialistischen Verfolgungs- und Vernichtungspolitik.

Am 8. November wurde in der ehemaligen Synagoge auf dem Schulberg zudem an die Opfer der Pogromnacht erinnert. Die Gedenkfeier fand in Kooperation mit dem Verein der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens in der Region Werra-Meißner statt. Auch die Anne-Frank-Schule war dort vertreten: Mara Dierks aus der zehnten Klasse erinnerte im Rahmen der Veranstaltung an das Schicksal der Opfer

Erinnerung lebt durch Haltung – im Wissen um die Vergangenheit und in Verantwortung für die Zukunft.

    

📬 Briefe verbinden unsere Standorte

📬 Briefe verbinden unsere Standorte

Eine Schule, zwei Standorte und ein Projekt, das Nähe schafft: Manchmal reicht ein Brief, um Verbundenheit zwischen Eschwege und Wanfried spürbar zu machen – auch an der Anne-Frank-Schule. 💛

Im Deutschunterricht der Klasse 5a am Standort Eschwege stand das Thema „Briefe – unsere neue Schule“ an. ✍️
Deutschlehrerin Katharina Theophel wollte zeigen, dass Schreiben mehr sein kann als eine Übung fürs Heft. Die 5a schrieb deshalb echte Briefe an die Klasse 5b am Standort Wanfried, die von Joshua Senge unterrichtet wird. 💌

Die Briefe waren persönlich, offen und neugierig: kleine Vorstellungen, Eindrücke vom Start an der Anne-Frank-Schule, erste Erlebnisse im neuen Klassenverband, kleine Highlights – und viele Fragen an die 5b, um den Schulalltag am anderen Standort kennenzulernen. 🔍✨

In Wanfried war die Freude groß: Die 5b las aufmerksam, bedankte sich wertschätzend und antwortete auf jeden einzelnen Brief. Ein dicker Umschlag voller Antworten reiste zurück nach Eschwege. 📦📯
Beim Lesen entstand dieses besondere Leuchten im Raum: echte Freude, Interesse und das schöne Gefühl, zur selben Schulgemeinschaft zu gehören. 🤗

Der Briefwechsel zeigte, was die Anne-Frank-Schule auszeichnet:
Offenheit, Interesse füreinander, Zusammenhalt über den Standort hinaus und echte Begegnung. 🌟
Sprache wurde zur Brücke – und zwei fünfte Klassen rückten ein Stück zusammen. 🧡

Ein warmes, standortübergreifendes Projekt, das Lust auf mehr Austausch macht. Idee & Umsetzung: Katharina Theophel und Joshua Senge!!

 

Mehr forschendes Lernen an der AFS etablieren

Mehr forschendes Lernen an der AFS etablieren

Der WPU-Kurs Journalismus im Jahrgang 10  stellt mit einem Interview die neue Schulleiterin der Anne-Frank-Schule, Anna Reimann, vor.

1. Was hat Sie dazu bewogen, die Leitung unserer Schule zu übernehmen?

Frau Reimann: „Ich wollte sehr gern an eine IGS. Das Konzept befürworte ich. Besonders gut gefällt mir an der AFS das angenehme Klima in der Schulgemeinde.“

2. Welche ersten Eindrücke haben Sie von unseren Schülerinnen und Schülern und unserer Schule?

Frau Reimann: „Schulleitung macht Spaß, die Schülerinnen und Schüler sind hier sehr nett und freundlich. Ich unterhalte mich gern mit den Lernenden.“

3. Welche Ziele möchten Sie in den nächsten Jahren an unserer Schule erreichen?

Frau Reimann: „Erst einmal möchte ich hier viel anschauen, die Schule genau kennenlernen, das System verstehen. Danach könnte ich mir vorstellen, das Ganztagsangebot zu erweitern. Schule ist ja nicht nur ein Ort zum Lernen, sondern wir alle leben hier und verbringen viel unserer Lebenszeit in der Schule. Außerdem möchte ich selbstständiges, forschendes Lernen fördern, z. B. durch die Einführung der Lernzeit, wo individuelles Lernen möglich ist, an Fragestellungen und Projekten, die den Schülerinnen und Schülern bedeutsam sind.“

4. Haben Sie ein Lieblingszitat oder ein Motto, was Sie leitet?

Frau Reimann: Ich habe sogar zwei: „Ich unterrichte Kinder und Jugendliche, nicht Fächer!“, „Gemeinsam lernen und gemeinsam leben.“

5. Gibt es etwas Überraschendes, was die SchülerInnen über Sie wissen sollten?

Frau Reimann: „Ich spiele gern Hula-Hoop.“

6. Wie stellen Sie sich die Zusammenarbeit mit den Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern sowie Eltern vor?

Frau Reimann: „Da gibt es ja die Gremienarbeit. Ich bin in Kontakt mit den Schülerinnen und Schülern durch die Schulsprecherinnen und Schulsprecher, die SV, mit dem Kollegium z. B. durch die „Steuergruppe“, also eine AG von Lehrkräften, die Neues an der Schule planen und umsetzen möchten. Die Eltern spreche ich durch die Elternbeiräte. Vor allem aber habe ich eine offene Tür, bin offen für Anliegen und alle sind bei mir willkommen.“

7. Welche Erfahrungen aus Ihrer Laufbahn helfen Ihnen in Ihrer neuen Position?

Frau Reimann: „Zum einen sind das die Qualifikationen, die ich erworben habe, z. B. das Wissen über Schulleitung und -management und bestimmte Programme. Grundlegend bin ich sowohl Gymnasiallehrerin als auch Sonderpädagogin und verfüge über langjährige Erfahrung in dem Beruf. Darüber hinaus besitze ich noch eine Reihe von Zusatzqualifikationen bspw. als Schulentwicklungsberaterin.“

8. Welche Fächer unterrichten Sie selbst?

Frau Reimann: „Jetzt gerade unterrichte ich Theater und Biologie. Ich habe die Lehrbefähigung für Deutsch, DaZ, Biologie (Jg. 9), Philosophie, Darstellendes Spiel / Theater (Jg. 5, 8), Sport und Sonderpädagogik.“

9. Was sind für Sie die zentralen Werte einer guten Schule?

Frau Reimann: „Zukunftsorientierung durch Geschlechtergerechtigkeit, soziale Gerechtigkeit, kompetenzorientierter Unterricht, gute Potentialförderung der Lernenden und Beziehungsorientierung.“